Der Hochsommer im Auenwald

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Während Gartenfreunde sich am Anblick der selten gewordenen Madonnenlilien erfreuen, die Imker sich laben am Duft der Linden, der eine gute Honigernte verspricht, sind draußen auf den Äckern die Mähdrescher mit der Ernte von Raps und Roggen beschäftigt. So läuft es in der Regel.

In diesem Jahr aber ist einiges durcheinander geraten: erst starke Fröste im April, dann eine Hitze- und Trockenperiode im Juni, wie sie selten vorkommt. Ein bayerisches Sprichwort sagt: „Wenn der Holler blüht, wird der Loden nicht trocken“. Der Holunder blühte überreich, den Loden konnte man zu Haus lassen, das Hemd reichte.

Der Auenwald beeindruckt durch sein Grün. Nichts blüht mehr, allenfalls ein paar letzte Gierschblüten sind zu finden. Unter dem dichten Laubdach herrscht Ruhe und Dunkelheit. Die massenhaften Blätter des Giersch decken ab, was vom Vorfrühling bis zum Vollfrühling das Herz erfreute. Durch die lange Trockenheit hat auch die Pestwurz an Vitalität eingebüßt. Die wenigen verbliebenen Stauden wurden von Schnecken perforiert.

Alles in allem gibt es eigentlich keinen Grund, über den Auenwald im Hochsommer zu schreiben. Seine große, berichtenswerte Zeit scheint vorüber zu sein. Wenn nicht doch eine Staude blühte, die unsere ganze Aufmerksamkeit verdient. Es handelt sich um den Wolfs-Eisenhut, der in einigen Partien des Auenwaldes in beachtlicher Stückzahl vorkommt. Früher hieß dieser Eisenhut botanisch Aconitum vulparia, (vulpes bedeutet auf Lateinisch Fuchs). Heute wird der Wolfs-Eisenhut Aconitum lycoctonum ssp. lycoctonum, genannt, (das griechische Wort Lykoktonos bedeutet Wolfstöter). In diesem Fall ist der neue botanische Name mit dem deutschen Namen identisch. Um das Namenchaos noch etwas zu vervollkommnen, sei ein zweiter gelber Eisenhut erwähnt, der fast denselben Namen trägt: Aconitum lycoctonum ssp. vulparia. Dieser Eisennhut wird nun auf Deutsch Fuchs-Eisenhut genannt. Sein Vorkommen in Deutschland ist allerdings auf die Berchtesgardener Alpen beschränkt. Auf das tödliche Gift aller Eisenhüte braucht hier wohl nicht besonders hingewiesen zu werden, die Namen sprechen Bände.

Mit dem Wolfs-Eisenhut, dieser interessanten, seltenen Staude, seien diese Betrachtungen über die phänologischen Phasen im Auenwald beendet.

Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text und Fotos: Christian Seiffert