Fast geschlossene Bodendecker

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Ein Wort geistert durch die Gartenwelt, ein Wort, das ich nicht sonderlich gern mag: "Bodendecker"! Stecken doch dahinter zwei nicht einlösbare Versprechen: Bodendecker bringen Ordnung und Ruhe in den Garten und, wo Bodendecker wachsen, kommt kein Unkraut auf. Die Vorstellung, man pflanze ein paar Gehölze und dazu Bodendecker und schon hat man den pflegeleichten Garten, ist eine Illusion. Die Natur strebt nach Vielfalt, und das kann man ihr (zum Glück!) nicht abgewöhnen.

Andererseits gibt es allerlei Stauden, die sehr flächig wachsen. Wir benutzen sie aber nicht als Bodendecker, sondern in bunter Mischung mit horstigen, auch auseinander strebenden Wildstauden oder in Bereichen mit Frühlings- und Herbstgeophyten. Die Favoriten sind drei Thymianarten.

Am wuchsfreudigsten benimmt sich Thymus longicaulis ssp. odoratus. In wenigen Jahren bedeckt ein Pflänzchen mehrere Quadratmeter. Wenn man nicht wüst darauf herumtrampelt, ist es durchaus begehbar. Dieser Thymian blüht hier im Mai, eine schöne rosa Fläche. Zuvor, Anfang April schieben sich durch das Thymianlaub große blaue Krokusblüten. Verursacht ein sehr kalter Winter Lücken im Thymianbestand, schließen die sich im Laufe des Jahres wieder. Übrigens ist dieser Thymian wunderbar dazu geeignet, um darauf seinen Nachmittagsschlaf zu machen.

Der zweite Thymian heißt 'Tabor'. Die Gartenwelt ist sich scheinbar nicht einig, welcher Art die Sorte Tabor zuzurechnen ist. Die einen sagen Thymus vulgaris, die anderen meinen, dass es sich um Thymus pulegioides handelt. Da Thymus vulgaris doch in der Regel als Zwergstrauch wächst, Thymus pulegioides aber in die Breite geht, Matten bildet, meine ich, dass Tabor dieser Art zuzuordnen ist. Im Jamlitzer Sand ist Tabor jedenfalls sehr erfolgreich. Weder Frost noch Trockenheit hinterlassen Spuren. Seine Blüte fällt in den Hoch- und Spätsommer, die Sorte ist hocharomatisch.

An den Rändern von Kiefernwäldern, wo sonst nur noch Schafschwingel wächst, ist die dritte Thymian-Art zu Hause, Thymus serpyllum. Auch dieser "Feldthymian" vermag Flächen zu bilden, benötigt dazu nur etwas mehr Zeit. Wichtig, dass er nicht durch andere Pflanzen bedrängt wird. Auf sonnigen, trockenen und kalkfreien sandigen Flächen erobert er das Terrain. In seiner Gesellschaft wachsen Anthericum liliago und Helichrysum arenarium.

Größere Flächen bilden hier auf dem Sand auch einige Sedum-Arten. Der Mauerpfeffer, Sedum acre z.B. ist allgegenwärtig. Fällt irgendwo an einem sonnigen Platz ein Pflänzchen hin, so wurzelt es in kürzester Zeit und bildet bald eine kleine und sehr schnell eine große Fläche. In Jamlitz haben wir ein gemischtes Verhältnis zu Sedum acre, teils planen wir es ein und erfreuen uns an seiner intensiven gelben Blüte im Juni, teils ist es lästig, bedrängt andere Pflanzen, wird zum Unkraut.

Auch Sedum album, im alpinen Raum heimisch, breitet sich auf dem Flachlandsand aus, als wär er hier zu Haus. Nur der Apollofalter, dessen Raupen von Sedum album leben, hat es noch nicht bis in die Niederlausitz geschafft. Dies Sedum hat im Sommer frisch grünes Laub, im Spätsommer und Herbst verfärbt es sich rötlich. Die Blüten im Mai und Juni sind von reinem Weiß. Auch bei Sedum album reicht ein Trieb auf den Boden ausgelegt, der bald eine ganze Kolonie bildet.

Seit mindestens 70 Jahren kommt hier auf dem Grundstück Sedum spurium vor. Das ist wohl eine der widerstandsfähigsten immergrünen Pflanzen. Nicht besonders attraktiv, schließt es doch sogar besonders trockene Flächen unter Flieder und Heckenrosen. Im Halbschatten gedeiht es genauso wie in voller Sonne und kriecht auch Mauern herunter.

Ebenfalls flächig wächst Sedum reflexum. Tripmadam, wie es im Volksmund heißt, mit blaugrauem Laub und intensiver gelber Blüte im Juni füllt schnell kritische Räume an Mauern, wo es besonders warm und trocken ist.

Die jüngste Errungenschaft und eine geradezu ideale Pflanze für die Horizontale ist Satureja spicigera, das kriechende Bergbohnenkraut. Es mag den Sand, lässt sich durch Hitze und Trockenheit nicht irritieren. Es schließt den Boden sehr dicht ab und es blüht weiß von August bis Oktober. Erstaunlich war, wie schnell die erste Pflanze sich ausgebreitet hat, so schnell, dass bald Teile davon entnommen und neue Pflanzen angezogen werden konnten.

All diese Pflanzen sind im jamlitzer Duftgarten nicht Bodendecker. Sie sind die Horizontale zwischen den vielen in die Vertikale wachsenden Stauden und Kleingehölzen. Zwischen Heiligenkraut, Lavendel und Zistrose wachsen verschiedene Thymiane und natürlich das kriechende Bergbohnenkraut. Und frei von unerwünschten Wildkräutern sind die kriechenden Stauden allesamt nicht. Das regenmäßige Jäten gehört einfach dazu!

Auf der Nordseite des Hauses, im Halbschatten der Walnussbäume bildet das Pfennigkraut, Lysimachia nummularia, eine dichte Fläche. Befürchtungen zum Trotz, es würde andere Stauden bedrängen, lässt es sich wunderbar vereinen mit Epimedium-Arten und Sorten, mit Hosta, mit Taglilien und mit Camassien. Und ganz selbstverständlich wachsen dazwischen auch "Unkräuter". Man muss hin und wieder etwas jäten.

Und dennoch! Da breitet sich eine Pflanze so dicht aus, dass ich sie fast doch als Bodendecker bezeichnen möchte: Geranium macrorrhizum. Der magere Sand scheint der Sorte "Czakor" ganz besonders gut zu gefallen. Am Waldrand gepflanzt breitet sich dies Geranium sowohl in Richtung Wald, wie auch ins Licht hinein aus. Und dies nicht nur vegetativ, immer wieder finden sich auch Sämlinge.

Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text und Fotos: Christian Seiffert